Krankenversicherung – Krankenkassen – Bundesregierung will Terminvergabe beschleunigen

Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, mit dem Kassenpatienten schneller einen Arzttermin erhalten sollen. Das sogenannte Terminservice- und Versorgungsgesetz sieht eine höhere Vergütung für Ärzte vor, wenn sie Kassenpatienten erstmals behandeln. Auch der Terminservice wird ausgeweitet.

Es ist ein echtes Aufregerthema: Da braucht man dringend MRT oder hat Beschwerden beim Sehen, aber weder ein Termin beim Radiologen noch beim Augenarzt ist leicht zu bekommen. Zumindest dann nicht, wenn man gesetzlich versichert ist. Jeder vierte Patient muss länger als drei Wochen auf einen Facharzt-Termin warten, so hat eine Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KVB) ergeben. In manchen Gegenden, wo wenig Ärzte sind, dauert es gar Monate. Privatpatienten bekommen in der Regel deutlich schneller einen Termin, weil hier die Ärzte höhere Honorare abrechnen dürfen.

Das will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ändern. Und so hat er ein Gesetz auf dem Weg gebracht, das am Donnerstag verabschiedet wurde. Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), so lautet das neue Paragraphenwerk.

Höhere Arztvergütung für Kassenpatienten

Wie aber will das Bundesgesundheitsministerium eine bessere Versorgung für Kassenpatienten erreichen? Zum einen sollen Ärzte mehr Geld erhalten, wenn sie einen gesetzlich Versicherten erstmals behandeln:

Bisher habe es sich für Ärzte nicht finanziell ausgezahlt, wenn sie einen zusätzlichen Kassenpatienten nehmen, gab Spahn in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zu bedenken. Das soll sich ändern. „Für jeden Patienten, den sie zusätzlich behandeln oder neu annehmen, werden Ärzte künftig auch besser bezahlt. Wir schaffen den Einstieg in den Ausstieg aus den festgelegten Budgets – auch bei Versicherten, die in offenen Sprechstunden behandelt werden“, sagte Spahn. Bis zu 50 Prozent Bonus seien möglich.

Im Gegenzug werden Ärzte aber auch verpflichtet, mehr Sprechstunden anzubieten. Künftig sollen Kassenpatienten 25 Stunden statt wie bisher 20 Stunden pro Woche betreut werden. Zusätzlich sollen die Servicestellen künftig besser erreichbar sein: Jene Stellen also, die an Patienten Termine innerhalb von höchstens vier Wochen vergeben. Die Hotline unter 116117 soll künftig sieben Tage die Woche und rund um die Uhr Anrufe entgegennehmen.

Ob die Maßnahmen tatsächlich die Terminvergabe beschleunigen und die Versorgung verbessern, ist aber umstritten. Die Opposition im Bundestag warnte, dass neue Fehlanreize entstehen können: dadurch, dass Ärzte finanziell belohnt werden Erstpatienten aufzunehmen. Das könnte auf Kosten der Akutpatienten und chronisch Erkrankten gehen, die ja regelmäßig betreut werden müssen.

Mit Blick auf die Servicestellen ist darüber hinaus zu beachten, dass man kein Anrecht hat, an seinen Wunscharzt vermittelt zu werden. Der Arzt muss seine Praxis in „zumutbarer Entfernung“ haben — ein dehnbarer Begriff. Und auch nach der Reform wird die Arztvergütung für gesetzlich Versicherte deutlich niedriger sein als für Privatpatienten: Auch deshalb kann es lohnen, über einen Wechsel zu einem privaten Krankenversicherer nachzudenken.

Auch Verbesserungen in Pflege und Digitalisierung geplant

Eine schnellere Terminvergabe ist nicht die einzige Reform im Rahmen des Gesetzes. So soll es unter anderem finanzielle Anreize für Ärzte geben, sich auf dem Land niederzulassen: in vielen Regionen herrscht bekanntlich Ärztemangel. Und auch die Pflege soll weiter verbessert werden: ab 1. Mai 2019 sollen reine Betreuungsdienste zugelassen werden und entsprechend von den Pflegekassen vergütet werden dürfen. Das sind zum Beispiel Dienste, die Pflegebedürftigen beim Einkaufen und Putzen helfen oder mit dem Pflegebedürftigen spazieren gehen.

Darüber hinaus soll die digitale Patientenakte kommen, wenn auch erst bis 2021. Versicherte sollen dann auch vom Smartphone oder Tablet aus auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen können. Ebenfalls positiv: Die festen Zuschüsse der Krankenkassen zum Zahnersatz werden ab Oktober 2020 von derzeit 50 auf 60 Prozent raufgesetzt. Dennoch bleibt Zahnersatz ein enormes Kostenrisiko, das tausende Euro verschlingen kann. Deshalb sollte man rechtzeitig mit einer Zahnzusatzversicherung vorsorgen.