Gesundheitssystem – Krankenkassen-Beiträge könnten bis 2019 deutlich steigen
Keine guten Nachrichten für die 54 Millionen Kassenpatienten! Der durchschnittliche Zusatzbeitrag könnte bis zum Jahr 2019 deutlich anwachsen, warnt eine Funktionärin des Krankenkassen-Spitzenverbandes. Wenn der Zusatzbeitrag angehoben wird, haben Versicherte aber ein Sonderkündigungsrecht.
Kassenpatienten müssen bis 2019 mit steigenden Beiträgen rechnen. Das prognostizierte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, am Montag bei einer Veranstaltung in Nauen. Schon im kommenden Jahr werde der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,3 Prozentpunkte steigen und dann 1,4 Prozent betragen, so Pfeiffer. Bis 2019 erwartet die Ökonomin einen Beitrag in Höhe von 1,8 Prozent. Für einen Versicherten mit 3.000 Euro Bruttogehalt bedeutet dies Mehrkosten von 252 Euro pro Jahr.
Komplexe Ursachen für höhere Gesundheitskosten
Ursachen für die Teuerung gibt es viele. Um nur einige zu nennen: Die Alterung der Gesellschaft lässt die Gesundheitskosten systemübergreifend steigen, schließlich sind ältere Menschen statistisch häufiger und länger auf ärztliche Behandlungen angewiesen. Auch sind die Zuwendungen des Bundes für Langzeitarbeitslose nicht ausreichend. Während der Bund derzeit pauschal 90 Euro pro Hartz-IV-Empfänger überweist, wären 136 Euro nötig, um alle Kosten zu decken, rechnet Pfeiffer vor. Die Deckungslücke, immerhin 2,3 Milliarden Euro, muss von den Beitragszahlern erbracht werden.
Die -im internationalen Vergleich- sehr hohen Arzneikosten tragen ebenfalls zu der Teuerung bei. Zudem hat die Bundesregierung einige notwendige, aber teure Reformen auf den Weg gebracht: das chronisch unterbesetzte Pflege- und Betreuungspersonal in den Kliniken soll aufgestockt werden. Damit Kassenpatienten schneller Facharzttermine erhalten, werden zentrale Terminvergabestellen eingerichtet – zusätzliche Infrastruktur, die Geld kostet.
Sonderkündigungsrecht bei Anstieg des Zusatzbeitrags
Wenn der durchschnittliche Zusatzbeitrag steigt, bedeutet das aber nicht, dass er bei allen Krankenkassen gleichermaßen angehoben wird. Seit 2015 können die Anbieter einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag festlegen – damit will der Gesetzgeber den Wettbewerb befördern. Und so lohnt es sich, genau zu vergleichen, welche Kasse wie viel verlangt. Denn die Anhebung des Zusatzbeitrages bewirkt ein einmonatiges Sonderkündigungsrecht.
Die Höhe des Beitrages sollte nicht das alleinige Merkmal für die Wahl einer Krankenkasse sein. Auch auf Zusatzleistungen lohnt es sich zu achten: Unterschiede gibt es beispielsweise bei der Finanzierung bestimmter Gesundheitskurse oder Vorsorgeuntersuchungen.
Einige Kassen sind sogar damit aufgefallen, dass sie Patienten für immer mehr Leistungen ins Portemonnaie greifen. Eine Thüringer Krankenversicherung will etwa Fahrten von Patientinnen ins Brustkrebszentrum nicht mehr bezahlen, wenn die Chemotherapie auch in einer näher gelegenen, aber nicht spezialisierten Klinik erbracht werden kann. Andere Kassen zahlen für den weiteren Weg ohne Beanstandung. Hier heißt es: Obacht, ob auch bei niedrigem Zusatzbeitrag Service und Leistung stimmen!
Ebenfalls eine Option, Teuerungen zu entgehen, ist der Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung. Auch diese Entscheidung will mit Bedacht gefällt sein – im Gegensatz zur GKV ist der Beitrag hier nicht abhängig vom Einkommen und kann gerade im Alter anwachsen. Wer in die PKV wechselt, sollte also über stabile finanzielle Mittel verfügen. Weil die Leistungen bei privaten Krankenversicherern noch mehr variieren als bei den Krankenkassen, wo 98 Prozent aller Ansprüche vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind, ist ein Beratungsgespräch dringend anzuraten, um alle Feinheiten der Verträge zu klären.